1.6 Kinder für Eltern

Eltern können sich mit der Fürsorge für ihr Kind reich beschenkt fühlen. Zu einem Kinderwunsch tragen aber noch weitere Interessen bei. Bereits bei der Geburt ihres Kindes sehen sie sich in einer höheren gesellschaftlichen Kategorie, weil sie zum Fortbestand der Gemeinschaft beitragen. Auf der persönlichen Ebene durchleben Erwachsene mit ihren Kindern noch einmal ihre eigene Kindheit, unbewusst hoffend, jetzt das zu finden, was sie damals vermisst haben. Eltern möchten, dass ihre Kinder das erreichen, was sie selbst angestrebt, aber nicht geschafft haben: Ansehen, Bildung, Titel, Einkommen, sozialer Aufstieg. Sie wünschen sich, dass ein Teil des Glanzes solcher Errungenschaften auf sie zurückfällt.

Kinder können bei der Verwirklichung ganz realer Interessen hilfreich sein. So ist es mit einem gemeinsamen Kind deutlich leichter, einen zögernden Mann zu einer Lebensgemeinschaft zu überreden. Auch zum Kitten einer kriselnden Partnerschaft lassen sich Kinder ungefragt einsetzen. Gelingt das nicht, so kann man dem Kind die Funktion eines Ersatzpartners zuweisen. Weit verbreitet ist es bei streitenden Eltern, Kinder als Faustpfand und Knüppel gegen den Partner zu verwenden. Man kann das Kind gegen ihn aufhetzen, den Kontakt zwischen dem Kind und dem anderen Elternteil behindern oder das Kind als Vorwand für Strafzahlungen benutzen. Alle diese nützlichen Verwendungen von Kindern werden von kindeswohltätigen Familiengerichten eingesetzt und gefördert und sind deswegen bei Scheidungsverfahren beliebt.

Das kleine Kind ist gegen eine solche missbräuchliche Benutzung wehrlos. Erst mit der Pubertät entwickelt es allmählich jene Eigenständigkeit, mit der es seine eigenen Entscheidungen treffen kann. Die sollte es notfalls auch gegen die Eltern durchsetzen können. Denen ihre Grenzen zu zeigen, ist erwachsenes Verhalten und weder Majestätsbeleidigung noch ein Verstoß gegen das Gebot, die Eltern zu ehren. Besser wäre es, wenn Eltern von vornherein auf den weitgehend unbeachteten Kindesmissbrauch verzichteten und wenn sich die Staatsorgane nicht daran beteiligten.

Eine gute Partnerschaft zwischen Vater und Mutter ist die beste Umgebung für das Aufwachsen von Kindern. Daran müsste eigentlich auch der Staat ein Interesse haben; denn die Kinder von heute sind die Träger des Staates von morgen. Ihre Leistungen werden das Funktionieren der Gemeinschaft möglich machen. Sie werden den Unterhalt der älteren Generation erwirtschaften, die aus dem Erwerbsleben ausscheidet. Ihr Einsatz wird über das Wohlergehen der Volksgemeinschaft entscheiden. Es ist deswegen naheliegend, dass sich der Staat bei den Familien engagiert, ihre Aufgaben fördert und möglichst günstige Bedingungen für die Entwicklung der Kinder schafft. Die Wirklichkeit sieht anders aus. Das behandelt der Abschnitt Freunde und Helfer.